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Physik-Praktikum für Studierende der Humanmedizin



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Level 2A: Entstehung von Röntgenstrahlung

Wo kommt die Strahlung her, wie entsteht sie?

Röntgenstrahlung ist eine Form von elektromagnetischer Strahlung, so wie auch sichtbares Licht oder Radiowellen. Sie ist jedoch aufgrund ihrer Entstehung deutlich energiereicher als die anderen beiden Beispiele. In den meisten Fällen – wie im Praktikum oder später für medizinische Anwendungen – wird Röntgenstrahlung mithilfe einer Röntgenröhre erzeugt. Deren Aufbau und Funktionsweise wird nachfolgend genauer betrachtet.

Der Aufbau einer Röntgenröhre

Röntgenstrahlung wird im Labor mithilfe einer Röntgenröhre erzeugt. Ihr Aufbau ist ist im Folgenden schematisch dargestellt:

Röhre


Die Röntgenröhre besteht aus zwei Elektroden in einem evakuierten Glaskolben. Die linke Elektrode besteht aus einer Glühwendel und liegt am negativen Pol einer Hochspannung. Daher wird sie als Glühkatode bezeichnet. Die andere Elektrode, ein hitze- und korrosionsbeständiger, metallischer Festkörper wird an den positiven Pol der Hochspannung angelegt und ist somit eine Anode. Verwendet werden zwei Spannungsquellen mit unterschiedlichen Funktionen:

  1. Die Heizspannung \(U_\text{H}\) liegt an den beiden Anschlüssen der Glühkatode an und sorgt dafür, das ein Heizstrom durch die Windungen der Glühkatode fließt. Dieser heizt - wie der Name schon sagt - die Glühkatode auf. Die Spannung wird so gewählt, dass der Heizstrom im Bereich weniger \(\text{mA}\) liegt.
  2. Die Beschleunigungsspannung \(U_\text{B}\) wird so an die beiden Elektroden angelegt, dass die Glühkatode negativ und die Anode positiv geladen wird. Sie liegt in der Größenordnung von mehreren \(\text{kV}\) und sorgt dafür, dass Elektronen, die aus der Glühkatode austreten, zur Anode hin beschleunigt werden. Dort treffen sie mit einer hohen Geschwindigkeit und dementsprechend auch mit einer hohen kinetischen Energie auf.

Die Funktion einer Röntgenröhre

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Bild 1
Im Folgenden wird der rot markierte Bereich betrachtet.
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Bild 2
Relevant sind Glühwendel und Anode sowie die zwischen ihnen angelegte Beschleunigungsspannung und die Heizspannung an der Glühwendel.
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Bild 3
Fließt aufgrund der Heizspannung ein Heizstrom durch die Glühwendel, so treten an der Oberfläche Elektronen aus.
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Durch die Beschleunigungsspannung bildet sich ein elektrisches Feld zwischen Glühwendel und Anode aus. (Positive Ladungen würden in diesem Beispiel nach links beschleunigt werden, daher zeigen die Feldlinien nach links.)
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Die negativ geladenen Elektronen werden zur Anode hin beschleunigt und treffen mit einer gewissen Endgeschwindigkeit auf die Anodenoberfläche.
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Bild 6
Beim Auftreffen der Elektronen auf der Anodenoberfläche entsteht durch zwei verschiedene Prozesse elektromagnetische Strahlung, die sogenannte Röntgenstrahlung.
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Die Elektronen fließen anschließend ab und die Strahlung breitet sich aus. Beim Freiwerden, Beschleunigen und Auftreffen der Elektronen sowie der Entstehung der Strahlung handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess.


Im Betrieb heizt sich die Glühkatode durch den Heizstrom auf. Daher können Elektronen aus der Katode austreten. Diese freien Elektronen befinden sich nun in einem elektrischen Feld, welche durch die Beschleunigungsspannung zwischen den beiden Elektroden erzeugt wird. Durch dieses Feld werden die Elektronen zur Anode hin beschleunigt. Da der Glaskolben evakuiert ist, werden die Elektronen nicht abgebremst und treffen mit einer hohen Geschwindigkeit auf die Anode.
Beim Austritt aus der Kathode haben die Elektronen im elektrischen Feld eine potentielle Energie von \(E_\text{pot}=e\cdot U_\text{B}\), wobei \(e\) die Elementarladung ist. Bis zum Aufprall auf die Anode wird diese potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt, indem das Elektron beschleunigt wird (die Geschwindigkeit \(v\) steigt und damit auch die kinetische Energie \(E_\text{kin}=\frac{1}{2}m\cdot v^2\)) und dabei der Anode näher kommt (wodurch die potentielle Energie sinkt).
Beim Aufprall der Elektronen auf die Anodenoberfläche kommt es zu verschiedenen Prozessen, die für die Entstehung von Röntgenstrahlung sorgen.

Vorgänge in der Anode

Vorgänge auf der Anodenoberfläche

Bremsstrahlung

Charakteristische Strahlung

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Das Elektron fliegt mit einer bestimmten Geschwindigkeit \(v\) und dementsprechender kinetischer Energie \(E_\text{kin}\) in die Anodenoberfläche.
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Im elektromagnetischen Feld eines positiv geladenen Atomkerns wird das Elektron abgelenkt.
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Bei dieser Ablenkung verringert sich die Geschwindigkeit und damit auch die kinetische Energie.
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Diese Energiedifferenz wird in Form von elektromagnetischer Strahlung abgegeben. Die Abstrahlung erfolgt dabei tangential zur Bahn des Elektrons.
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Das Elektron setzt seinen Weg mit der reduzierten Geschwindigkeit fort, die Strahlung breitet sich aus.
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Das Primärelektron trifft in der Hülle eines Anodenatoms auf ein Hüllenektron.
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Durch den Zusammenstoß wird das Hüllenelektron aus seinem Platz geschlagen, das Primärelektron wird abgelenkt und fliegt mit verringerter Geschwindigkeit weiter. Es entsteht eine Leerstelle in der Elektronenhülle.
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Bild 3
Ein Elektron aus einer weiter außen liegenden Schale füllt diese Leerstelle auf. Dabei verringert es seine Energie und gibt diese Differenz in Form von elektronmagnetischer Strahlung ab.
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Es entsteht eine weiter außen liegende Leerstelle, die Strahlung breitet sich aus.
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Die neue Leerstelle wird von weiter außen liegenden oder freien Elektronen aufgefüllt. Wieder entsteht Strahlung, allerdings in einem anderen Wellenlängenbereich (energieärmer).
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Bild 6
Die anfangs entstandene Leerstelle kann auch gleich durch ein weiter außen liegendes Elektron aufgefüllt werden. Hier ist der K\(_\beta\)-Übergang gezeigt.
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Beim K\(_\beta\)-Übergang wird eine Fehlstelle in der K-Schale durch ein Elektron aus der übernächsten Schale aufgefüllt. In Bild 3 und 4 ist der K\(_\alpha\)-Übergang zu sehen, bei dem das auffüllende Elektron aus der direkt nächsten Schale stammt.
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Bild 8
Die Fehlstelle in der äußeren Schale wird ebenfalls wieder aufgefüllt durch weiter außen liegende oder freie Elektronen.
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Am Ende ist die Elektronenhülle des Atoms wieder vollständig. Die beiden verschiedenen Übergänge resultieren jedoch in Strahlung mit unterschiedlicher Energie.

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Die Elektronen treffen mit einer hohen kinetischen Energie auf die Anodenoberfläche. Dort finden zwei Prozesse statt, die dafür sorgen, dass die kinetische Energie der Elektronen in Strahlungsenergie umgewandelt wird:

  1. Das (negativ geladene) Elektron fliegt zwischen den Atomen der Anode hindurch und wird im Feld der (positiv geladenen) Atomkerne abgelenkt. Diese Ablenkung entspricht einer seitlichen Beschleunigung. Jede beschleunigte Ladung gibt elektromagnetische Strahlung ab. Deswegen ist nach einem solchen Vorbeiflug die kinetische Energie des Elektrons niedriger – es wird abgebremst – und die Differenz der kinetischen Energie wird in Strahlungsenergie umgewandelt. Es entsteht die sogenannte Bremsstrahlung.
  2. Das Elektron trifft auf ein Elektron in der Hülle eines Atoms der Anode. Dadurch wird das Hüllenelektron aus der Schale geschlagen (Stoßionisation) und es entsteht ein "Loch" (eine Fehlstelle). Dieses "Loch" wird durch ein Elektron aus einer weiter außen liegenden Schale (des selben Atoms) aufgefüllt. Dabei wird Energie frei, da dieses Elektron aus einer höherenergetischen Schale auf ein niedrigeres Niveau fällt. Der Betrag dieser frei werdenden Energie hängt vom Material der Anode ab. Die Strahlung, die genau diese frei werdende Energie besitzt, wird als charakteristische Strahlung bezeichnet. Das durch das Auffüllen entstandene "Loch" wird durch ein Elektron einer noch weiter außen liegenden Schale oder durch ein freies Elektron aufgefüllt.

Elektronen, die nach dem ersten Abbremsen oder Stoß mit einem Hüllenelektron noch über kinetische Energie verfügen, werden weiter abgebremst und geben so ihre kinetische Energie sukzessive vollständig ab. Dementsprechend kann ein einzelnes Elektron sowohl Bremsstrahlung als auch charakteristische Strahlung induzieren.
Bei einem Heizstrom von \(1~\text{mA}\) treffen pro Sekunde etwa \(10^{16}\) Elektronen auf die Anodenoberfläche. Dementsprechend treten beide Prozesse kontinuierlich auf und es kann praktisch von einer kontinuierlichen Entstehung der Strahlung ausgegangen werden.
Wie sich die entstehenden Strahlen unterscheiden und wie das resultierende Spektrum aussieht, ist im Kapitel Einfluss verschiedener Parameter dargestellt.

Eine reale Röntgenröhre

In der nachfolgenden Überblendung wird die Schemazeichnung einer Röntgenröhre mit der realen Röntgenröhre aus dem Gerät im physikalischen Praktikum zur Deckung gebracht.

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